Your search is running...

Ambulante Altenpflege in China

Stand: 31.05.2018 - FORUM Berufsbildung, Dr. Helmut Riethmüller

In der Volksrepublik China gibt es zur Zeit ca. 150 Mio. alte Menschen im Alter von über 60 Jahren. Das ist das aktuelle Pensionierungsalter bei Männern, bei Frauen liegt es zum Teil immer noch bei 50 (!). Die Anzahl der  Alten steigt exponentiell an und erreicht ein ungeheures Ausmaß von voraussichtlich 340 Mio. Senioren im Jahr 2050. Das sind fast so viele Senioren wie ein Großteil der EU-Bevölkerung (Stand 2019: 512 Mio. Menschen).

Entsprechend wird sich der Bereich der Altenpflege in China aufgrund der demographischen und sozialen Entwicklungen zwangsläufig qualitativ und quantitativ stark verändern. Die Gründe dafür sind: 

  1. Infolge der (jetzt aufgegebenen) Ein-Kind-Politik müssen sich 1 Ehepaa2 Personen) um 4 Großeltern und die eigenen Kinder kümmern. 
  2. Auch in China steigt die durchschnittliche Lebenserwartung. 
  3. Bisherige familiäre Pflegestrukturen, vor allem im ländlichen Raum, dünnen mehr und mehr aus. 
  4. Öffentliche Pflegestrukturen müssen aus die eine oder andere Weise auf- bzw. ausgebaut werden.

Grundsätzlich gilt es zu berücksichtigen, dass Entwicklungsgeschwindigkeiten in China viel größer sind als in Europa und speziell in Deutschland. Beispiel hierfür sind das unglaublich rasche Wachstum der chinesischen Städte, der Aufbau einer weltmarktfähigen Industrie und die Einrichtung moderner Infrastruktur. Die Entwicklung auf sozialem Gebiet hat jedoch damit nicht Schritt gehalten, was sich auch in dem hier relevanten Bereich der Altenpflege auswirkt. Eine einschlägige Gesetzgebung liegt nicht vor, ebenso wenig eine Altenpflegeversicherung und Strukturen einer ambulanten Hauspflege. Wenn der chinesische Staat jedoch einmal einen Handlungsbedarf erkannt und anerkannt hat, kann es zu sehr schnellen Entwicklungen und Veränderungen kommen. Anders ist die rasche Gesamtentwicklung des Landes nicht zu erklären.

Nach jüngsten Informationen aus China (AHK Shanghai) beginnt seit dem Herbst 2015ein solcher Entwicklungsprozess einzusetzen. Dadurch kann es passieren, dass die im vorliegenden Projekt gemachten Ergebnisse und Erfahrungen schnell überholt sind. Dennoch ist der beschriebene Einstieg in das Gebiet der Altenpflege in China mit seinen ungeheuren Ausmaßen (voraussichtlich 340 Mio. Senioren im Jahr 2050) von allerhöchstem sozialen, entwicklungspolitischem und auch wissenschaftlichen Interesse.

Inhaltlich sei hier bereits eine wichtige zukünftige Entwicklung benannt, die für Deutschland, Europa und China gleichermaßen wichtig ist. Die Überalterung der Gesellschaft kann nicht nur durch einen immer weiteren Ausbau der Pflegeleistungen begegnet werden. Eine Änderung unseres Bildes vom Altern ist unerlässlich. Die hohe Anzahl von Senioren werden ein aktiveres und gesünderes Leben führen müssen - und auch über die sog. Altersgrenze hinaus einen Beitrag zur Gesellschaft leisten müssen. Die dritte Lebensphase wird nicht mehr eine Zeit des allmählichen und dann progressiven Abbaus sein, sondern eine Zeit der Erfüllung und der Teilhabe, bevor die vierte Phase als eine rapide Verfallsphase einsetzt. Hierbei kann Europa evtl. noch viel von China lernen.